Leben
Kurz gesagt
Wie machen’s andere? Acht Pfarren aus sechs Diözesen lassen Sie, liebe LeserInnen, in ihre Karten schauen. Von den vermuteten Stärken ihrer Pfarre über das Kommunikationsteam, ihre Themen und Kanäle bis zu ihren Misserfolgen. Daraus lässt sich hoffentlich viel lernen.
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Grundsätze der Öffentlichkeitsarbeit
Die konkrete Ausgestaltung Ihrer Öffentlichkeitsarbeit
Woran kann man sich orientieren? Welche Fehler sollten wir vermeiden? Das zeigen Beispiele von Pfarren mit guter Öffentlichkeitsarbeit – aber auch Problemen – aus ganz Österreich.
Stärken
Wie sehen sich Pfarren selbst? Welche Stärken erkennen sie? Die einen sagen wie Markus Lahner aus der Pfarre Unterheiligenstadt in Wien: „Klein ist fein. Bei uns gibt es keine aufgeblähten Strukturen. Das bedeutet im Normalfall sehr kurze Entscheidungswege.“ Daher könne er „kurzfristig und flexibel agieren“. erzdioezese-wien.at/pages/pfarren/9178
Andere wie die Pfarre Köttmannsdorf in Unterkärnten müssen viele Register ziehen. Pfarrer Michael G. Joham und Ursula Modritsch nennen vor allem die Zweisprachigkeit, viele Gruppen und Angebote – vom Pfarrkindergarten bis zum „Kost-Nix-Laden“ – und die starke Vernetzung mit Gemeinde und lokalen Vereinen. kath-kirche-kaernten.at/koettmannsdorf
Die Öffentlichkeitsarbeit ist oft Vorreiter beim Zusammenwachsen von Pfarren, etwa im Pfarrverband Anif in Salzburg. Pastoralassistentin Christina Roßkopf versucht „Synergien zu bilden und zu nutzen. Das gelingt vor allem (wenn auch nicht reibungslos) im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit.“ pfarre-anif.at
Immer mehr werden die Pfarren mit digitalen Stärken wie die Pfarre Hartberg in der Steiermark: Internetgottesdienste mit Livechats und Präsenz verschiedener Pfarrgruppen und sozialer Solidaritätsgruppen in Social Media (Facebook, Instagram, Web, YouTube …) nennt Pastoralassistentin Andrea Schalk als Beispiele. hartberg.graz-seckau.at
Team
Kaum eine Pfarre kommt mehr ohne ein Team für die Öffentlichkeitsarbeit aus, die „lonesome cowboys“ werden immer weniger. Pastoralassistent Gustav Krammer von der Pfarre Bad Tatzmannsdorf im Burgenland setzt auf viele freie MitarbeiterInnen: „Wenn jemand bei einer Pfarrveranstaltung oder an einem besonderen Ereignis (z.B. Geburtstage, Jubiläen) teilnimmt, schreibt er/sie darüber einige Zeilen und/oder schickt mir ein Handy-Foto.“ pfarrebadtatzmannsdorf.at
Die Größe des Teams variiert stark, vor allem je nach Größe der Pfarre. Wichtiger als die Anzahl der Mitglieder sind aber ihre Fähigkeiten. Lisa Funiak vom Pfarrverband Melk St. Koloman in Niederösterreich etwa schätzt es, dass Pastoralassistentin und Pfarrer Indesign beherrschen und so Plakate und Pfarrblatt gestalten können. Für Bildmaterial sorgen Personen, die „ein sehr gutes Auge“ haben. mstk.at
Elisabeth Biechl aus der Pfarre Oberalm in Salzburg beschreibt die Anforderungen präzise: „aufmerksam sein, Teamfähigkeit, gute Vernetzung im Ort, Weitblick, Selbstreflexion, Genauigkeit, Kommunikationsfähigkeit, keine Berührungsängste mit Unbekanntem, über den Tellerrand schauen…“. pfarre-oberalm.at
In der Kärntner Pfarre Köttmannsdorf ist die Öffentlichkeitsarbeit stark mit der Verkündigung verbunden. Neben den üblichen Fähigkeiten baut die Pfarre auf „Vertrautheit mit technischen Geräten (Computer, Kamera…) und Programmen (z.B. Photoshop…) sowie mit dem Gestalten und Beliefern der Pfarrhomepage.“ Im steirischen Hartberg braucht es dazu noch ein Videoteam.
Das Pfarrblatt im Pfarrverband Anif hat neben den Verantwortlichen für den gemeinsamen Teil auch „Lokalredaktionen“ für die drei Pfarren. Ein häufiges Problem spricht Christina Roßkopf an: Das Redaktionsteam zeige zwar ein breites Spektrum, aber „es sind nur Mitglieder der ‚Kerngemeinde‘“.
Dialoggruppen
Natürlich will jede Pfarre möglichst viele Menschen erreichen. Lisa Funiak, Melk, versucht das etwa „durch das Bespielen unterschiedlicher Kanäle“ und im Pfarrverbands-Magazin unter anderem durch „Themenartikel, niederschwellige Inhalte, eine Doppelseite für Kinder“.
Vielen geht es aber um Prioritäten. Einzelne Dialoggruppen gezielt anzusprechen, ohne andere links liegen zu lassen. Die Pfarre Unterheiligenstadt in Wien 19 möchte „vor allem jene Personen ansprechen, die dem Glauben grundsätzlich positiv gegenüberstehen, den Draht zur Kirche aber aus verschiedensten Gründen verloren oder (noch) nicht gefunden haben“, so Markus Lahner.
Andrea Schalk aus Hartberg sind „besonders Fernstehende wichtig, weil dies dem missionarischen Auftrag der Kirche entspricht. Und weil Kirche allzu oft und leicht mit ihren Angeboten im kirchlichen Insiderkreis bleibt und viele Suchende, Kritische, Distanzierte nicht erreicht.“
In manchen Pfarren, vor allem in Tourismus-Regionen, sind die Einheimischen eine Minderheit, die Öffentlichkeitsarbeit richtet sich stark an Touristen oder Kurgäste, wie in Bad Tatzmannsdorf.
Themen
Die Pfarre Köttmannsdorf, Kärnten, bringt neben dem Pfarrleben auch allgemein kirchliche Themen von Diözese bis Weltkirche und „vertiefendes Hintergrundwissen“, schreiben Pfarrer Joham und Ursula Modritsch. Auch Diakon Willi Brunner aus Jennersdorf im Südburgenland schätzt den Rückenwind aus Rom. „Wir verstehen uns als begeisterte MitarbeiterInnen von Papst Franziskus und stellen seine Anliegen gerne vor.“ ankerplatz-jennersdorf.blogspot.com/
Immer häufiger bündeln Pfarren ihre Öffentlichkeitsarbeit in Themenschwerpunkte, vor allem in den Pfarrblättern. So zum Beispiel der Pfarrverband Melk mit seinem Magazin „Koloman“ und der Pfarrverband Anif. Neben einem möglichst aktuellen Bezug „versuchen wir die Themen von möglichst verschiedenen Gesichtspunkten her zu betrachten“, schreibt Christina Roßkopf.
Sinnvoll ist auch alles, was Fernstehende von der Kirche nicht erwarten. Internetgottesdienste, Predigten zum Nachhören usw. eignen sich dafür gut.
Kanäle
Aus dem reichhaltigen Angebot bedienen sich die Pfarren ganz nach ihren pastoralen Schwerpunkten. Vom Klassiker Pfarrblatt über den Wochenplan, den Schaukasten und die Pfarr-Website (die zum Beispiel Willi Brunner aus Jennersdorf drei bis fünf Mal in der Woche aktualisiert) bis zu den sozialen Medien.
Hier natürlich Facebook, wo oft auch der Pfarrer selbst aktiv ist, wie in der Pfarre Oberalm. Auch für spirituelle Themen wie das Sonntagsevangelium wird der „blaue Riese“ eingesetzt. Seit Corona hat YouTube aufgeholt, für Livestreams, Kinderkirche und mehr. Auch Instagram kommt öfter zum Einsatz, für Pfarrgruppen vor allem aber WhatsApp. In solche Gruppen kann man gelegentlich Links zur Pfarr-Website posten.
Viele Pfarren beziehen Gemeinde- und Bezirkszeitungen in ihre Kommunikation ein.
Error
Was ist den befragten Pfarren in letzter Zeit nicht gelungen? Ein häufiges Problem sind die Mitarbeitenden: Die Verantwortung der Redaktionsarbeit übergeben, Ressourcen fürs Bespielen der neuen Website, keine passende Person für Social-Media-Kanäle, so schallt es aus den Pfarren. Daneben kommen aber auch Zweigleisigkeiten vor: Ein/e Neue/r könnte etwas gut, aber der/die Andere will nicht abgeben.
Was noch? Häufig die Steigerung der Zugriffe auf die digitalen Inhalte. Immer wieder auch die mangelnde Bereitschaft zur Zusammenarbeit und Vernetzung innerhalb der Diözese. Hier wird persönlicher Stolz als Quertreiber vermutet.
Plan
Ganz unterschiedlich handhaben Pfarren das Thema Kommunikationskonzept. Oft ist alles historisch und ohne Konzept gewachsen, und man korrigiert den Kurs anhand von Rückmeldungen. Andere Pfarren wiederum – vor allem bei neuen Zusammenschlüssen – bauen ihre Maßnahmen auf dem Fundament eines Konzeptes auf.
Manchmal ergibt sich dieses aus Pastoralprogrammen oder PGR-Beschlüssen, manchmal kennen es fast nur die ÖffentlichkeitsarbeiterInnen selbst. Eine Pfarre nennt den Grund: „weil viele (unwissende) Köche den Brei nur verderben würden“. Den entscheidenden Punkt formuliert Andrea Schalk aus Hartberg: „Das Grundkonzept basiert auf dem missionarischen Auftrag Jesu: ‚Geht hinaus in alle Welt ...‘“
Text: Peter Morawetz