
EU-Lieferkettengesetz: NGOs kritisieren Abschwächungen
Die Europäische Kommission will die Anwendung des EU-Lieferkettengesetzes um ein Jahr verschieben und die Auflagen für Unternehmen deutlich abschwächen. Die Verschiebung der bereits beschlossenen Lieferkettenrichtlinie im Namen der Entbürokratisierung auf Juni 2028 bezeichnete "Jugend Eine Welt"-Geschäftsführer Reinhard Heiserer als "Schlag ins Gesicht von 160 Mio. Kindern, die weltweit zur Kinderarbeit gezwungen werden, um den Wohlstand in Europa zu sichern". Die EU-Kommission sieht mit der Lockerung von Vorgaben und Konsequenzen auch die Ausnahme von 80 Prozent der EU-Unternehmen aus der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor.
Die sogenannte "Omnibus-Verordnung", die am Mittwoch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen präsentiert wurde, kritisierte Heiserer scharf: "Die vorgeschlagenen Punkte weichen nicht nur das bereits beschlossene Lieferkettengesetz massiv auf, sie gefährden auch alle bisherigen Fortschritte im Kampf gegen Kinderarbeit und ausbeuterische Arbeit sowie für mehr Umweltschutz im Globalen Süden."
Anstatt die Rechte von Kindern zu schützen und ihnen Schulbildung zu ermöglichen, "lässt die EU-Kommission mit dem um ein Jahr späteren Beginn des Lieferkettengesetzes zu, dass Mädchen und Buben zwölf Monate länger in Steinbrüchen, Ziegelfabriken, Minen oder auf Kakao- oder Bananenplantagen schuften müssen", mahnte Heiserer. Er appellierte auch an die österreichische Regierung, Verantwortung zu zeigen und den Omnibus-Vorschlag zu stoppen. "Denn unser Wohlstand in Österreich darf nicht auf Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im Globalen Süden passieren!", so der "Jugend Eine Welt"-Geschäftsführer.
Für den "Jugend Eine Welt"-Geschäftsführer sollten die Ideen zur Entbürokratisierung bei der Anwendung des Lieferkettengesetzes vonseiten der Wirtschaft anderweitig gefunden und angewandt werden können. Dies dürfe jedoch keinesfalls auf Kosten von Menschenrechten und Umweltzerstörung passieren. Schon bisherige freiwillige Regelungen für Unternehmen, zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards, hätten global betrachtet keine nennenswerte Verbesserung der Lebenssituation im Bereich Kinderarbeit und ausbeuterischer Arbeit gebracht, wies Heiserer hin.
Neben "Jugend Eine Welt" appellierten zuvor auch die Dreikönigsaktion, Gewerkschaften und weitere im Bündnis "Kinderarbeit stoppen!" zusammengeschlossene NGOs an die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten, die ursprüngliche Fassung der erst vor einem Jahr beschlossenen Richtlinie beizubehalten. Eine konsequente Umsetzung sei essenziell für eine sozial- und umweltverträgliche Wirtschaftsweise, hieß es. Zudem würde eine kurzfristige Aufweichung des Gesetzes Unternehmen benachteiligen, die bereits in die Umsetzung investiert haben.
Neben dem Lieferkettengesetz wären auch die Nachhaltigkeitsberichterstattungs-Richtlinie (CSRD) und die Taxonomie-Verordnung von den geplanten Änderungen betroffen. Beide sind bereits in Kraft, und in Österreich wurde die CSRD in nationales Recht überführt. Zahlreiche Unternehmen hatten sich in einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für die Beibehaltung klarer Regeln ausgesprochen und vor Rechtsunsicherheit gewarnt.
Quelle: kathpress