
OSZE warnt vor dramatischen Folgen des demografischen Wandels
Sinkende Geburtenraten, eine alternde Bevölkerung und ungewollte Kinderlosigkeit stellen Staaten vor enorme Herausforderungen. Dass die Folgen in Zukunft dramatisch und weitreichend sind, zeigt ein Bericht der Sonderbeauftragten der Parlamentarischen Versammlung der OSZE für demografischen Wandel und Sicherheit, Gudrun Kugler. Ohne gezielte politische Maßnahmen drohen gravierende wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen, so das Fazit der österreichischen Nationalratsabgeordneten am Montag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress.
Der Bericht mit dem Titel "Demografischer Wandel in der OSZE-Region: Analyse, Auswirkungen und mögliche Lösungen eines Megatrends, der die Gesellschaft verändert" beleuchtet die demografischen Entwicklungen in zahlreichen OSZE-Staaten und fordert ein stärkeres Bewusstsein für dieses Thema. Präsentiert wurde das Papier am Wochenende in Wien beim jährlichen Wintertreffen der Parlamentarischen Versammlung der OSZE im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung, bei der außer Kugler auch Nicholas Gailey vom Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital sowie Vladimir Gjorchev, Nationalkoordinator für Demografie in Nordmazedonien, teilnahmen.
"Der demografische Wandel verändert unsere Gesellschaft grundlegend, und wir sind darauf nicht ausreichend vorbereitet", erklärte Kugler. Besonders alarmierend sei der dramatische Anstieg ungewollter Kinderlosigkeit in den letzten Jahrzehnten. "Die Zahl der davon betroffenen hat sich im Durchschnitt versiebenfacht - oft, weil der Kinderwunsch immer weiter aufgeschoben und die natürliche Abnahme der Fruchtbarkeit mit zunehmendem Alter unterschätzt wurde", so die OSZE-Sonderbeauftragte. Ein häufiger Grund sei auch das Fehlen eines passenden Partners.
Dies habe langfristige Folgen für die Bevölkerungsentwicklung und für fast alle Lebensbereiche, erklärte Kugler. Auch in Österreich werde man das Fehlen der Geburten zunehmend spüren, nicht zuletzt bei den Pensionen: Dass bis 2042 hierzulande nur noch zwei erwerbsfähige Personen auf einen Pensionisten kommen werden, sei "alarmierend", so die Abgeordnete. Das Pensions- und Sozialsystem steuere auf die Grenze seiner Finanzierbarkeit zu, aber auch der Arbeitsmarkt und der soziale Zusammenhalt seien vor enorme Herausforderungen gestellt. So werde sich etwa der Fachkräftemangel weiter verschärfen.
Um hier gegenzusteuern, müsse der demografischen Wandel laut der Sonderbeauftragten als dringendes Thema auf die politische Agenda gesetzt werden: "Es ist höchste Zeit, dass wir uns aktiv mit dieser Entwicklung auseinandersetzen und Lösungen erarbeiten", forderte Kugler. Politische Maßnahmen, soziale Anreize und langfristige Strategien allein reichten jedoch nicht aus, vielmehr sei zudem ein "gesellschaftliches Umdenken und ein Kulturwandel hin zu mehr Anerkennung von Familie und Elternschaft" vonnöten. Nicht zuletzt könnte hier auch die Kirche eine wichtige Rolle spielen, indem sie Familien ermutige und ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung von Kindern fördere.
Dass der demografische Rückgang ein weltweit dringliches Problem ist, wurde bei der Diskussion im Rahmen des OSZE-Wintertreffens klar ersichtlich. "Alle sprechen über Human Resources, aber es gibt keine solchen ohne Menschen. Zwei Drittel der Weltbevölkerung leben bereits in Ländern mit einer Geburtenrate unter 2,1", unterstrich der Experte Vladimir Gjorchev. Dem OSZE-Bericht zufolge könnten Migration und Digitalisierung allein keine ausreichenden Antworten auf den demografischen Rückgang sein. Vielmehr brauche es wirtschaftliche Reformen, soziale Anreize und eine langfristige strategische Planung. (Link zur Studie unter: www.oscepa.org)
Quelle: kathpress